Hier der link zu einem aktuellen interview
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und ein text, den ich für eine soeben fertiggestellte hrbuchproduktion mit anne bennent und hans neuenfels geschrieben habe; dabei handelt es sich um „der gruftwächter“ - drama von franz kafka:

ein tanz mit herrn franz

ich habe ja aufgrund oder trotz meiner blindheit nie an einem tanzkurs teilgenommen; das ist sehr schade, da ich eigentlich gerne tanze, und es mir, beherrschte ich ein paar formen des paartanzes, möglich wäre, mich fremden frauen ungestraft anzunähern. die vorstellung von durch den raum sich drehender, immerwieder aneinanderstossender und bei jedem dieser zusammenstösse herzlich auflachender blinder paare ist mir aber immer lächerlich, peinlich und beängstigend gewesen.

die dialoge in kafka’s einzigem bühnenstück erscheinen mir als solche tänze, in denen die konvention des walzers zwar noch besteht, aber durch die unfähigkeit, sein gegenüber zu sehen und die umgebung wahrzunehmen und die unterschiedlichsten einbildungen, wie dieses tänzchen auszusehen hätte, kommt keine gemeinsame drehung zu stande; und doch lässt man sich nicht los. Und dennoch habe ich für die musikalische gestaltung des “gruftwächters” nicht den “letzten walzer”, sondern das adagio aus haydn’s kaiserquartet gewählt. in der hauptsache besteht die idee darin, die melodie wegzulassen und durch ein zumeist müdes, schwer atmendes akkordeon zu ersetzen, das den begleitstimmen kaum noch folgen kann. während also der fürst nicht mehr regieren, ja nichteinmal reagieren kann, der alte gruftwächter seine ringkämpfe mit den seeligen vorfahren mit letzter kraft gewinnt, versucht meine harmonika neue melodien zu finden, wird aber von den begleitstimmen in ihre zwingende logik zurückgehohlt.

nun könnten sie, geschätzte lesende hörerin einwännden, dass ein von einem, in den letzten zügen liegenden, absolutistischen herrschaftssystem handelndes stück einer gewissen aktualität entbähre; vor meinem geistigen auge lässt kafka aber auch kardinäle und päpste tanzen, auf welche die, den ersten absatz abschliessenden 3 adjektive wohl in gleicher weise zutreffen. das ist aber die sichtweise eines blinden akkordeonspielers.

soweit der text zum gruftwächter. in diesem zusammenhang mchte ich noch drauf hinweisen, daß im mandelbaumverlag in der letzten zeit zwei interessante hörbücher erschienen sind, an denen ich maßgeblich beteiligt war:
1. “nicht einmal gefangen” lechner gestaltet kafka
2. “die stimmen von marakesch” es liest anne bennent und es spielen lauter wunderbare musiker.

wirklich glücklich war ich auch mit der diesjährigen akkordeonfestivaleröffnung, wo ich ein 18köpfiges akkordeonorchester geleitet habe und wir die preisl-suite uraufgeführt haben - nachzuhören auf www.emap.fm.

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